Unter Pränataldiagnostik (PND) versteht man vorgeburtliche Untersuchungen, die Aussagen über bestimmte Krankheiten und Behinderungen des ungeborenen Kindes machen. Im Verlauf einer Schwangerschaft können bei Ultraschalluntersuchungen bestimmte Erkrankungen beim Kind erkannt werden. Gibt es Hinweise auf eine Auffälligkeit, können weitere vorgeburtliche Untersuchungen folgen. Es gibt nicht-invasive und invasive Untersuchungsmethoden.
Nicht-invasive Untersuchungen
Nicht-invasive Untersuchungen greifen nicht in den Körper der Frau ein und stellen somit keine Gefahr für das Ungeborene dar. Neben der Basisdiagnostik mittels Ultraschall gibt es andere nicht-invasive Verfahren, durch die mithilfe verschiedener Parameter wie dem Alter der Mutter, bestimmten Blutwerten und weiteren "Softmarkern" eine bestimmte Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung oder Behinderung des Kindes berechnet werden kann. Das bedeutet, dass nach einer nicht-invasiven Untersuchung keine Diagnose vorliegt, sondern eine in Zahlen ausgedrückte Wahrscheinlichkeit für eine Störung (z.B. 1:250), die vorliegen kann, aber nicht muss. Im Wesentlichen handelt es sich bei diesen Untersuchungen um die Abklärung von Trisomie 21, 18 und 13.
Nicht-invasive Untersuchungen können werdende Eltern beruhigen und zu einem sorgloseren Schwangerschaftsverlauf beitragen. Sie können aber auch verunsichern.
Die Frau/das Paar kann selbst entscheiden, ob und welche weiteren Untersuchungen gewünscht sind.
Näheres zu den Untersuchungen finden Sie auf der Seite der "Familienplanung."
Ultraschalluntersuchungen
Drei Ultraschalluntersuchungen finden routinemäßig im Rahmen der regulären Schwangerschaftsvorsorge beim Frauenarzt statt:
- in der 9.–12. sowie
- in der 19.–22. und
- in der 29.–32. Schwangerschaftswoche.
Durch sie ist die vorgeburtliche Überwachung der Entwicklung des Kindes im Mutterleib möglich: Das Wachstum und die Versorgung des Kindes werden kontrolliert, die Organe werden betrachtet und es kann auf Hinweise für Fehlbildungen und Behinderungen geachtet werden. Den werdenden Eltern wird mit der Ultraschalluntersuchung der Blick auf das ungeborene Kind ermöglicht. Die Beziehung zum Kind kann sich dadurch verändern und vertiefen.
Bei der zweiten Ultraschalluntersuchung zwischen der 19. und 22. Schwangerschaftswoche kann sei Juli 2013 gewählt werden zwischen
- Basisultraschall: Die Größe von Kopf, Bauch und Oberschenkeln werden vermessen, es wird nach Auffälligkeiten am Mutterkuchen oder bei der Fruchtwasserbildung gesucht und es wird kontrolliert, ob das Herz schlägt.
- erweiterte Ultraschalluntersuchung: Die Organe werden etwas genauer betrachtet, d.h. es wird bestimmten Fragen nachgegangen, die im Mutterpass vermerkt sind. Z.B.: Sind Kopf und Hirnkammern normal geformt? Ist das Kleinhirn sichtbar? Sind Rücken und Hals gut ausgebildet? Sind Herz und Brustkorb im richtigen Größenverhältnis erkennbar? Sind Magen und Harnblase zu sehen? Sind die vier Kammern des Herzens ausgebildet?
Wenn bei einer der Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der regulären Schwangerschaftsvorsorge beim Frauenarzt spezielle Risiken (z.B. Mehrlingsschwangerschaft) oder Auffälligkeiten festgestellt werden, ist auf Wunsch der werdenden Eltern der detailliertere Organultraschall (sonografische Feindiagnostik) möglich. Dieser wird zwischen der 19. und 22. Schwangerschaftswoche von speziell dafür ausgebildeten Frauenärztinnen und -ärzten (Pränatalmedizinern) durchgeführt.
Auf Wunsch kann die Feindiagnostik aber ebenso anstatt der erweiterten Ultraschalluntersuchung in einer Praxis für Pränatalmedizin in Anspruch genommen werden. Dabei wird das Baby noch genauer unter die Lupe genommen. Der Feinultraschall ohne Indikation/Überweisung durch den Frauenarzt muss jedoch nach wie vor selbst bezahlt werden.
Darüber hinaus werden bei bestimmten Fragestellungen weitere spezielle Ultraschalluntersuchungen von Pränatalmedizinern durchgeführt:
- Doppler-Ultraschall: Überprüfung der Durchblutung von Gebärmutter und Plazenta, Nabelschnur sowie wichtiger Gefäße des Kindes.
- Echokardiographie: Genauere Untersuchung des kindlichen Herzes, d.h. Funktion der Herzklappen und Blutstrom im Herz.
- 3D-Ultraschall: Viele einzelne Ultraschallschnittbilder des Babys werden zu einem ganzen, dreidimensionalen Bild zusammengesetzt.
- 4D-Ultraschall: Das dreidimensionale Bild des Kindes wird in Echtzeit dargestellt, sodass Kindesbewegungen unmittelbar sichtbar werden.
Mit Hilfe der Ultraschalldiagnostik können frühzeitig Probleme und Gefährdungen des ungeborenen Kindes festgestellt werden, sodass darauf angemessen reagiert werden kann. Es besteht z.B. die Chance, die Geburt frühzeitig zu planen und eine optimale Behandlung des Kindes nach der Geburt vorzubereiten. In Einzelfällen sind Therapien im Mutterleib möglich.
In manchen Fällen werden jedoch bei Ultraschalluntersuchungen Auffälligkeiten entdeckt, die für eine sichere Diagnose weitergehende Untersuchungen erforderlich machen. Häufig handelt es sich dabei um Hinweise auf eine Erkrankung oder Behinderung, für die es keine Therapie gibt. Werdende Eltern sollten daher Grenzen und Nutzen der Untersuchungen abwägen.
Nackentransparenzmessung
Per Ultraschall wird beim Ungeborenen die so genannte Nackentransparenz gemessen. Es handelt sich dabei um eine Flüssigkeitsansammlung im Bereich des kindlichen Nackens, die in geringem Ausmaß normal ist, bei zunehmender Größe aber ein Hinweis für eine Chromosomenstörung (z.B. Trisomie 21/"Down-Syndrom") und/oder Fehlentwicklungen des ungeborenen Kindes sein kann. Sie wird in der 12.–14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Die Messergebnisse werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst – u.a. erfordern sie Erfahrung und ein hochauflösendes Ultraschallgerät – und können deswegen ungenau sein. Auffällige Werte tragen zur Verunsicherung der schwangeren Frau bei und können weitere belastende Untersuchungen nach sich ziehen. Andererseits können unauffällige Werte Frauen/Paare beruhigen und entlasten.
Ersttrimester-Screening
Mütterliche Blutwerte, das Alter der Mutter und die Werte der Nackentransparenzmessung werden in einen Zusammenhang gebracht und ergeben eine Risikoeinschätzung für eine Chromosomenabweichung beim ungeborenen Kind. Die Untersuchung wird in der 12.–14. Schwangerschaftswoche durchgeführt.
Der über lange Zeit angebotene Triple-Test (Risikobestimmung durch mütterliche Blutwerte) wird aufgrund seiner Ungenauigkeit von den meisten Ärztinnen und Ärzten nicht mehr empfohlen. Durch das zuverlässigere Ersttrimester-Screening ist der Triple-Test weitgehend ersetzt.
Molekulargenetische Bluttests / Nicht-invasive Pränataltests (NIPT)
Seit Sommer 2012 werden in Deutschland molekulargenetische Bluttests angeboten. Dabei wird der Schwangeren Blut abgenommen, aus dem DNA des ungeborenen Kindes gewonnen und auf bestimmte Chromosomenmerkmale untersucht wird. Mit hoher Sicherheit können derzeit durch die molekulargenetischen Bluttests verschiedener Anbieter das Vorliegen einer Trisomie 21, 18 und 13 sowie Veränderungen der Geschlechtschromosomen (z.B. Klinefelter- und Turner-Syndrom oder die Mikrodeletion 22q11.2 (DiGeorge-Syndrom)) erkannt werden.
Die Tests sind ab der 10. Schwangerschaftswoche (SSW) aussagefähig und sollen nur bei Schwangeren mit einem erhöhten Risiko für eine Chromosomenfehlverteilung sowie bei Frauen mit einem auffälligen Ergebnis des Ersttrimesterscreenings zum Einsatz kommen. Ein Testergebnis liegt je nach Anbieter nach 4 - 6 Werktagen vor. Die Testdurchführung (Blutabnahme) stellt für Schwangere und Ungeborenes kein gesundheitliches Risiko dar.
Die Kosten der Anbieter-Labore für das molekulargenetische Verfahren müssen von der Schwangeren grundsätzlich selbst erbracht werden. Zusätzlich können von der durchführenden Praxis Gebühren für die gendiagnostische Beratung und die Durchführung des Tests in Rechnung gestellt werden.
Der gemeinsame Bundesausschuß (G-BA) hat im September 2019 entschieden, dass nicht-invasive pränataldiagnostische Bluttests zur Untersuchung auf Trisomien 13, 18 und 21 im "begründeten Einzelfall" Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung werden. Voraussetzung soll eine intensive Beratung und Begleitung sein. Die verpflichtend vorgesehene Versicherteninformation ist entwickelt und beschlossen worden, die Inanspruchnahme wird ab 01.07.2022 möglich sein. Nähere Informationen finden Sie hier.
Für molekulargenetische Bluttests gelten dieselben gesetzlichen Bestimmungen (Gendiagnostikgesetz) hinsichtlich Aufklärung, Beratung und Hinweis auf psychosoziale Beratung wie für andere vorgeburtliche Untersuchungen. Wenn ein Test mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine Chromosomenstörung beim Ungeborenen ergibt, werden eine humangenetische Beratung und eine Absicherung der Diagnose durch eine Fruchtwasseruntersuchung dringend empfohlen.
Wie alle vorgeburtlichen Untersuchungen kann ein molekulargenetischer Bluttest bei einem unauffälligen Ergebnis beruhigen; bei einem auffälligen Ergebnis kann er verunsichern und zieht Entscheidungen über weiterführende Diagnostik und Konsequenzen nach sich. Um die eigene Haltung zu Inanspruchnahme oder Verzicht zu finden, kann ergänzend zur medizinischen Beratung das Gespräch in einer psychosozialen Beratungsstelle hilfreich sein.
Invasive Untersuchungen
Invasive Untersuchungen greifen in den Körper der Frau ein, indem Gewebeproben des entstehenden Mutterkuchens, Fruchtwasser oder kindliches Blut entnommen werden. Mit den gewonnenen Proben soll abgeklärt werden, ob beim Kind eine Chromosomenstörung bzw. eine schwerwiegende Erbkrankheit (sofern eine familiäre Anlage bekannt ist) vorliegt.
Für invasive Untersuchungen stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die entsprechend dem Schwangerschaftszeitpunkt und der Fragestellung gewählt werden. Sie sind frühestens ab der 12. Schwangerschaftswoche möglich.
Liegt ein Befund durch invasive Untersuchungen vor, sind Aussagen über Schwere und Ausprägung der Erkrankung bzw. Behinderung nur bedingt möglich.
Näheres zu den Untersuchungen finden Sie auf der Seite der "Familienplanung."
Chorionzottenbiopsie
Vom entstehenden Mutterkuchen werden kindliche Zellen mit einer dünnen Nadel durch die Bauchdecke u.a. zur Suche nach Chromosomenabweichungen und Erberkrankungen entnommen. Die Chorionzottenbiopsie wird ca. in der 12.–13. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Das Fehlgeburtsrisiko liegt bei ca. 0,5-1%. Ein erstes vorläufiges Ergebnis liegt nach ungefähr 2 Tagen vor, das Endergebnis nach ca. 10 Tagen.
Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese)
Mit einer dünnen Nadel werden durch die Bauchdecke 8–10ml Fruchtwasser entnommen, das Zellen des Kindes enthält. Diese werden auf Chromosomenabweichungen untersucht; außerdem wird der Wert eines Eiweißes, des Alpha-1-Fetoproteins (=AFP), bestimmt, der erhöht ein Hinweis auf bestimmte Erkrankungen beim Kind sein kann.
Die Amniozentese wird im Regelfall in der 15.–18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Die Wartezeit auf das Ergebnis beträgt 10–14 Tage. Auf Wunsch kann ein Schnelltest (FisH-Test) durchgeführt werden, der bereits nach ein bis zwei Tagen ein vorläufiges Ergebnis liefert.
Das Risiko für eine Fehlgeburt nach der Fruchtwasseruntersuchung infolge von Fruchtwasserabgang, Infektion oder Blutung liegt zwischen 0,2 und 1%. Es ist zum einen vom Zeitpunkt der Untersuchung abhängig (je früher eine Amniozentese in der Schwangerschaft durchgeführt wird, desto höher liegt das Risiko) und zum anderen von der Erfahrung des untersuchenden Arztes.
Viele Diagnosen erlauben nur bedingt Aussagen über Schwere und Ausprägung der Erkrankung. Insofern sollten werdende Eltern Chancen und Risiken der Untersuchung abwägen.
Nabelschnurpunktion (Chordozentese, Fetalblutentnahme)
Bei speziellen Fragestellungen wird aus der Nabelschnur kindliches Blut zur Untersuchung auf z.B. Erberkrankungen, Bluterkrankungen oder Infektionskrankheiten entnommen. Die Nabelschnurpunktion wird ab der 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Bei einer Diagnose können dem ungeborenen Kind über die Nabelschnurvene Medikamente oder Bluttransfusionen verabreicht werden.
Es besteht ein Risiko für Komplikationen von 1 bis 3%, dieses sinkt mit zunehmender Dauer der Schwangerschaft.
Mögliche Anlässe für vorgeburtliche Untersuchungen
... können z.B. sein:
- Viele werdende Eltern sorgen sich um die Gesundheit ihres Kindes. Sie wollen möglichst viele Informationen über ihr Kind erhalten.
- Die Schwangerschaft wird als "Risikoschwangerschaft" eingestuft.
- Bei der regulären Schwangerenvorsorge stellt der Frauenarzt/die Frauenärztin Auffälligkeiten fest.
Risikoschwangerschaft
Eine Risikoschwangerschaft ist eine Schwangerschaft, bei der aufgrund der Vorgeschichte der Frau oder bei der vorhandenen Schwangerschaft mit einem erhöhten Risiko für Mutter und/oder Kind zu rechnen ist. Folgende Gründe können u.a. zur Feststellung einer Risikoschwangerschaft führen:
- Erstgebärende sind unter 18 bzw. über 35 Jahre
- Mehrlingsschwangerschaften
- Vielgebärende (Frauen mit mehr als 4 Kindern)
- wenn bei einer vorhergehenden Schwangerschaft Komplikationen auftraten (z.B. auch bei Früh-, Fehl- und Totgeburten)
- Krankheiten der Frau (z.B. Diabetes)
- erhebliches Übergewicht der Frau
- Infektionen der Frau vor, während und nach der Empfängnis
- Verwandten-Ehen
- Drogenkonsum der Frau
Mittlerweile werden bis zu 70%* aller Schwangerschaften als "Risikoschwangerschaft" eingestuft.
Frauen mit einer Eintragung "Risikoschwangerschaft" im Mutterpass können in kürzeren Abständen zur Schwangerenvorsorge gehen und zusätzliche vorgeburtliche Tests in Anspruch nehmen. Die meisten dieser Schwangerschaften verlaufen vollkommen unauffällig und die Kinder kommen gesund zur Welt.
*Quelle: BZgA "Pränataldiagnostik - Informationen über Beratung und Hilfen bei Fragen zu vorgeburtlichen Untersuchungen", 2008
Auffälligkeiten bei Untersuchungen
Wenn der Arzt bzw. die Ärztin eine Unregelmäßigkeit feststellt, wird der Frau in der Regel zu weiteren Untersuchungen geraten. Manche Befunde sind vage und beschreiben Wahrscheinlichkeiten. Sie erlauben in seltenen Fällen sichere Prognosen über den Gesundheitszustand des Kindes. Damit beginnt für die Schwangere eine schwierige Zeit der Entscheidungen, des Wartens, Hoffens und Bangens. Ob und welche Folgeuntersuchungen gemacht werden sollen, entscheidet die Frau mit dem Arzt/der Ärztin. Daneben kann auch ein psychosoziales Beratungsgespräch in einer Schwangerenberatungsstelle den nötigen Raum geben, um alle Aspekte des Für und Widers weiterer Untersuchungen abzuwägen und eine bewusste Entscheidung treffen zu können.
Möglichkeiten und Grenzen vorgeburtlicher Untersuchungen
Durch vorgeburtliche Untersuchungen wird das Risiko einer Krankheit oder Behinderung eher einschätzbar.
Die Eltern können sich auf eine Erkrankung oder Behinderung ihres Kindes einstellen. Unter Umständen kann die Geburt entsprechend vorbereitet, Entscheidungen über das eigene Leben, sowie das Leben des Kindes nach der Geburt können getroffen und geplant werden. Sollte die Fortsetzung der Schwangerschaft die körperliche und/oder seelische Gesundheit der Frau gefährden, kann ein Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer Indikation erwogen werden.
Durch vorgeburtliche Untersuchungen erhoffen sich Schwangere die Bestätigung, ein gesundes Kind zu bekommen. Unauffällige Befunde können beruhigen.
Manchmal können die Untersuchungen aber auch mit Verunsicherung einhergehen. Unsichere Prognosen und das Warten auf Diagnosen können dazu führen, dass werdende Mütter es kaum wagen, eine Bindung zu ihrem Kind aufzubauen.
Die Erwartungen an die Pränataldiagnostik sind häufig nicht erfüllbar: Eine 100%ige Sicherheit ein gesundes Kind zu bekommen, kann durch die Untersuchungen nicht gegeben werden.
Manche Ergebnisse nicht-invasiver Untersuchungen stellen ein errechnetes Risiko für bestimmte Behinderungen dar. Dies wird z.B. angegeben als 1:85 - was bedeutet, dass bei 85 Kindern mit den gleichen Berechnungswerten nur ein Kind tatsächlich die untersuchte Behinderung aufweist.
Bei invasiven Untersuchungen besteht ein Risiko, dass Wehen augelöst werden, in deren Folge es zu einer Fehlgeburt kommen kann.
Vorgeburtliche Therapien
Die meisten vorgeburtlichen Therapien gibt es für Erkrankungen, die im Rahmen der regulären Schwangerenvorsorge erkannt werden können. Diese Therapien bestehen zum großen Teil aus Medikamenten, die die schwangere Frau einnimmt, wie z.B. die Einnahme von Cortison zur schnelleren Lungenentwicklung bei zu erwartender Frühgeburt. Auch können Organe, wie die Harnblase oder die Bauchhöhle punktiert werden. Operationen am Kind im Mutterleib befinden sich noch im experimentellen Stadium.
Zahlen und Fakten
- Bei bis zu 70% aller schwangeren Frauen in Deutschland wird mittlerweile "Risikoschwangerschaft" im Mutterpass eingetragen.
- Es besteht ein Rechtsanspruch auf eine kostenfreie psychosoziale Beratung im Zusammenhang mit vorgeburtlichen Untersuchungen.
- 95,5% aller Behinderungen entstehen im Laufe des Lebens durch Unfälle, in Folge von Krankheiten oder durch altersbedingte Prozesse. 96% aller Kinder kommen gesund zur Welt und nur 4,5% aller Behinderungen sind angeboren.
- Pränataldiagnostik kann vor allem für Frauen und Paare, die ein Kind verloren haben oder in deren Familie eine genetische Erkrankung vorliegt, beruhigend sein. Andererseits können auch Ängste und Unsicherheiten, die zu jeder Schwangerschaft dazu gehören, verstärkt werden.
- Durch vorgeburtliche Untersuchungen können bestimmte Krankheiten und Chromosomenstörungen erkannt werden. Es ist nicht möglich, jegliche Krankheit/Behinderung durch PND auszuschließen.
- Eine vorgeburtliche Diagnose über eine Behinderung oder Krankheit des Kindes kann kaum Aussagen zu deren Schweregrad und Auswirkungen machen. Meist kann erst im Laufe der Entwicklung festgestellt werden, wie stark sich die geistige und/oder körperliche Beeinträchtigung auswirkt.
- Eine Therapie des Kindes im Mutterleib ist in seltenen Fällen möglich, z.B. bei Blutarmut, Rhesusunverträglichkeit von Mutter und Kind oder Herzrhythmusstörungen. Die Fetalchirurgie (Operationen des Kindes im Mutterleib) befindet sich noch im experimentellen Stadium; es besteht dabei ein hohes Risiko, Wehen auszulösen.
Quelle: BZgA-Broschüre "Pränataldiagnostik - Informationen über Beratung und Hilfen bei Fragen zu vorgeburtlichen Untersuchungen"
Präimplantationsdiagnostik (PID)
Mit der Präimplantationsdiagnostik (PID) können künstlich gezeugte Embryonen in einem frühen Entwicklungsstadium genetisch untersucht werden. Dabei sollen Veranlagungen für Erbkrankheiten oder chromosomale Veränderungen wie z.B. Trisomien festgestellt werden. Nach der Gendiagnostik werden nur die Embryonen in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt, welche die gesuchte Eigenschaft nicht haben. Die PID ist mit dem Verfahren einer Kinderwunschbehandlung (IVF) verbunden.
Die PID ist gesellschaftlich und politisch umstritten. Kritiker werfen dem Verfahren vor, menschliches Leben nach bestimmten Kriterien zu selektieren und damit im Widerspruch zum Embryonenschutzgesetz zu stehen.
Der deutsche Bundestag hat im Juli 2011 ein Gesetz zur begrenzten Zulassung der PID verabschiedet. Im Februar 2013 billigte der Bundesrat die Rechtsverordnung, welche die Einzelheiten bei der Durchführung der PID regelt. Demnach wird, trotz grundsätzlichem Verbot der PID, diese einzelnen Paaren erlaubt, wenn eine starke genetische Vorbelastung für schwere Erbkrankheiten oder eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Tot- oder Fehlgeburt vorliegen. Die Zahl der Zentren, welche die PID anbieten, soll begrenzt sein. Eine interdisziplinär besetzte Ethikkommission muss der Untersuchung zustimmen. Dabei sollen nicht nur humangenetische Befunde, sondern auch psychische, soziale und ethische Aspekte bei der Bewertung mitberücksichtigt werden.